Donnerstag, 1. Juli 2010

So, jetzt repräsentier’ mal schön

Ich glaube dem Mann sein Lächeln nicht. Das ist mein Problem, nicht seines, ich weiß. Ich kann da nichts beweisen, ich kann nur die Wirkung auf mich beschreiben. Das Lächeln sieht für mich aus wie sehr locker angeschraubt. Fest im Programm,. aber jederzeit durch eine andere Maske ersetzbar. Unpersönlich. Unecht. Geschauspielert, aber schlecht. Das Lächeln kommt nicht von innen, sondern aus dem Requisitenkoffer eines Berufspolitikers. Es ist ein Muss-Lächeln. Es wirkt nicht spontan, nicht herzlich, nicht freundlich, nur professionell. Und erinnert mich gerade damit an das unprofessionelle Schmierentheater der daily soaps. Halbwegs auswendig gelernt und übertrieben aufgesagt. So wirkt diese Lächeln auf mich.
Ich weiß nicht viel über den neu gewählten Bundespräsidenten, aber was ich weiß, bestätigt mir die Unechtheit seines Lächelns. In Osnabrück geboren, in Osnabrück aufgewachsen, in Osnabrück zur Schule gegangen, in Osnabrück studiert habend. Ein Anti-Nomade ohne jeden Binnenmigrations-Hintergrund. Gilt als katholisch, ist es aber nicht, sondern geschieden. Warum sollte man einem, der sein Eheversprechen („Treue in guten und in schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet“) willkürlich gebrochen hat — wohl wissend, dass er damit Gott, vor dem er sein Versprechen abgegeben hatte, und die Kirche, die die Ehe segnete und deren Unauflöslichkeit zur Bedingung machte, an die eigene Brünstigkeit verriet —, warum sollte man so einem noch irgendein Versprechen glauben? Zum Beispiel seinen Amtseid, auch wenn dem er hundertmal ein „So wahr mir Gott helfe“ hinzufügt.
Das ist es! Das ist die am meisten treffende Bezeichnung für dieses Lächeln: Es ist heuchlerisch.
Nun, wie auch immer. Mutti Angela hat Klein-Christian zum Repräsentieren geschickt. Und ich bin sicher, das wird er, der Immerbrave, auch sehr gut machen. Repäsentativer für Deutschland als der neue Bundespräsident kann man ohnedies kaum sein. Langweilig, ideenlos, verkrampft, provinziell. So sind die Deutschen. Bei weitem nicht alle, keineswegs, aber viel zu viele. Die typischen halt. Und heuchlerisch sind viele, nämlich anderen gerne Vorschriften machend und deren Einhaltung penibel überwachend, sich selber aber gern Ausnahmen genehmigend.
À propos. Ein paar Stimmen haben ja, bevor Wulff ins Rennen geschickt wurde, die Käßmann als Bundespräsidentin vorgeschlagen. Nun, jemand aus Hannover mit professioneller Heuchelei-Erfahrung ist es ja auch geworden. Bloß ein Mann statt einer Frau und ein „Katholik“ statt einer Protestantin. Und statt des Gebissfletschens gibt es das angeschraubte Lächeln. Es hätte also noch viel schlimmer kommen können.
Aber auch besser. Und das ist das eigentlich Typische an dieser Wahl. Das repräsentiert Deutschland. Nicht, dass es anderswo unbedingt besser wäre. Aber könnte es hier (aus Ösi-Perspektive: dort) nicht auch mal anders sein? Anregender, visionärer, geschmeidiger, kosmopolitischer? Denn ein solches Deutschland, solche Deutschen gibt es ja auch. Aber sie standen nicht zur Wahl. Und wenn, wären sie nicht gewählt worden. Sie sind nämlich nicht repräsentativ. Schade. Dann eben der Typ aus Osnabrück. Der passt. Leider.

1 Kommentar:

  1. Das kann ja wohl nicht wahr sein! Will "Bronio" ernsthaft behaupten, Geschiedene seien per se unglaubwürdig? Beziehungen halten oder halten nicht, manche Versprechen verlieren ihre Voraussetzung. Wer will da richten? Jedenfalls kann man doch Wulff nicht von vornherein abwerten, weil er sich ent- und neu verliebt hat. Lächerlich.

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