Freitag, 11. November 2011

Schlüssig daneben

Der Kandidat, ein dreiundzwanzigjähriger Student der Chemie, wird beim Fernsehquiz vor die Wahl gestellt, ob „Dysphonie“ Heiserkeit, Zähneknirschen, Blähungen oder Ohrensausen bezeichnet. Er weiß viel und redet und redet, um sich davon zu überzeugen, dass es sich ums Ohrensausen handeln müsse. Der Junge hat sich mit Frisur und Kleidung alle Mühe gegeben, nach modisch-coolem Nullachtfuffzehntyp auszusehen, aber seine Redeweise verrät halt doch den pseudointellektuellen Naturwissenschafts-„Nerd“. Und so rasselt er, trotz aller Warnungen des Moderators und mit zwei ungenutzten Jokern von 64.000 auf 500 Euro runter. „Sie haben sich irre klugen Gedanken gemacht, ich bin noch nicht mal in der Lage gewesen, das zu widerlegen, es war schlüssig dargelegt — aber es ist anders.“ Es war nämlich halt doch die Heiserkeit. Schade, denn der Mann war mir nicht einmal unsympathisch.
Seine Vorgangsweise scheint mir paradigmatisch. Nicht, dass derlei einem Geistes- oder Sozialwissenschaftlern nicht hätte passieren können. Aber verfährt man in den Naturwissenschaften nicht gerne so: Sich auf der Grundlage von zu wenig und zudem wenig belastbaren Daten die Welt zusammenreimen und daraufhin ein großes Risiko eingehen? Wieder einmal wurde mir so nebenher, beim Fernsehen, ein charakteristisches Vorurteil bestätigt …

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